Kultur - Gemeindebuch - Ahrntaler Tunwörter

"argan - huagaschtn - kitzböckn - zwougn" Ahrntaler "Tun"-Wörter (Autoren: Dr. Konrad Steger und Dr. Rudolf Fischer)

Der Dialekt ist die regionale Ausprägung der Hochsprache, von der er sich vor allem in der Aussprache und im Wortschatz unterscheidet. Beide verändern sich ständig. So hat sich auch der Ahrntaler Dialekt vor allem in der zweiten Hälfte des 20. Jhs durch äußere Einflüsse (Fremdenverkehr, Massenmedien, Fremdsprachen) und durch den Wandel in der Arbeits- und Lebensweise grundlegend verändert. Alte Wörter, die mit der bäuerlichen Arbeitswelt zusammenhängen, verschwinden zusehends, und für das moderne Berufsleben müssen neue Dialektausdrücke geprägt werden.

Die vorliegende Auswahl enthält in alphabetischer Reihenfolge Zeitwörter, die vom Vergessen bedroht sind und die vielleicht von jüngeren Generationen nicht mehr verwendet oder verstanden werden.

Dem Infinitiv des Verbs wird das Partizip Perfekt beigefügt, weil diese Form im Mündlichen häufig vorkommt. Darauf folgt eine kurze Bedeutungserklärung des Zeitworts. In einem Beispielsatz wird verdeutlicht, wie das betreffende Zeitwort im Ahrntaler Dialekt verwendet wird.

Auf eine wissenschaftliche Schreibweise (Lautschrift) wurde bewusst verzichtet. Das Anliegen war in erster Linie den Dialekt so zu schreiben, wie er tatsächlich gesprochen wird.

  • argan, g`argascht: widerlich sein, zuwider sein, ein unangenehmes Gefühl hervorrufen bzw. empfinden. Taifl, tüt mio dos argan, wenn du dou in do Pfonne asö krâlsch!
  • autaitschn, augitaitscht: jemandem etwas erklären, verständlich machen. Geischto hon i gimisst an sian Fremm autaitschn, wou`s dou zi do Piëtra Kirchn get.
  • dachon, gidachoscht: Dach decken. In Ahng hobm se iëz gimisst in Kirchtûng noi dachon, wail`s olbm ochagong isch.
  • döktan, gidöktascht: sich ärztlich behandeln lassen. Longe isch a gsund giwesn, obo iz müs a awi döktan.
  • einton, g`eintoscht: nachahmen, nachäffen. Wenn du mio nüemo asö eintoscht, na kunnat i di gallign amo richtig watschn.
  • eischzn, g`eischznt: den Beruf eines Arztes (Heilpraktikers) ausüben. Do Morcha Jouggl va San Piëto hot fria gourawi g`eischznt, vîl hot a dohölfn.
  • eizzn, g`eizzt: ein Stück Feld oder Wiese zur Beweidung freigeben, beweiden lassen. Dei Troute wewo hoire amo eizzn.
  • erchn, g`ercht: herumwursteln, umständlich und ungeschickt arbeiten. Dia ercht ba den Fâschtlan nu schu di läingischte Waile umanondo.
  • foggl, gfogglgg: mit Feuer spielen. Ma liëba Kindo, tit neit foggl, sischt schîscht dis gallign nö öppas ô!
  • foirazn, gfoirazt: Funken sprühen. Geischto san die Schtuane ocha, i soug do, es hot la gfoirazt.
  • fratschl, gfratschlt: viel reden, neugierig fragen. Bische sischt a giluschtigis Meintsch, dass de la olbm öppas zi fratschl hosch.
  • freggn, gfreggit: umständlich, ungekonnt (ohne scharfes Werkzeug) abschneiden, schnitzen oder mähen. Wos freggische denn dou asö umanondo, ge amo zi tengl!
  • gägn, gigägit: nörgeln, lästig sein. Gäg neit olbm, du mudo Seikkl! gaibm, gigaibb: betteln, nach etwas gelüsten. Bol di Müito di Sonztige asö Kropfn bocht, tü i olbm richtig gaibm.
  • gegl, gigeglgg: viel (Unsinn, Unnützes) reden. A tual Lait gegl in gonzn Tog; dass`n se la olbm wissn wos.
  • giggazn, gigiggazt: stottern. Dia tüt awi giggazn; ia bringg uafoch nicht ma aussa, wenn man in awi ôschaugg. gigl, gigiglgg: eine "unkeusche" Sitzhaltung einnehmen (bei Mädchen und Frauen). Tü di Hâxn zomm, Röüse, du tüsch awi gigl!
  • gluggazn, gigluggazt: blubbern, beim Trinken ein blubberndes Geräusch erzeugen. Dia sauft olbm va do Flosche aussa, as tüt la asö gluggazn.
  • griggn, gigriggit: jemandem etwas unter die Nase halten, schmackhaft machen, aber doch vorenthalten. Grigg in Leitzn neit olbm dos güite Zoig, wenn dis in decht neit gibsch! grîtn, gigrîtit: lange, weit ausholende Schritte machen. Ba sia longa Hâxn dogrîtat is a wait!
  • gröggazn, gigröggazt: einen Brechreiz spüren, würgende Geräusche erzeugen. Bol dia asö umanondogirötzt hot, hat i wö bolle gimisst gröggazn.
  • guamazn, giguamazt: gähnen. Hait bische wö eippa faul, wail de asö guamazsch.
  • gutschl, gigutschlt: 1. kitzeln. Gutschl mi neit olbm, dos tüt mio gonz loubb! 2. jemanden auf etwas ansprechen, bohren, herausfordern. Dia hot schu söü longe dogutschlt, bis as gsogg hot.
  • heirbign, giheirbigit: wohnen, in der Herberge sein, beherbergt sein. Wou tüt di Zenze dên Winto eippa heirbign, wuascht du öppas?
  • himmlazn, gihimmlazt: blitzen, wetterleuchten. Iz regng`s nimma, iz tüt`s lamme awi himmlazn.
  • hössn, gihösst: auf und ab schaukeln, federn. Bol man îdos Bîschtollmöss get, tüt`s unto di Fiësse richtig hössn.
  • höttl, gihöttlt: vom Weg abkommen, die Kontrolle über etwas verlieren, stürzen. Bol wo fria asö oudon Pîchl schlîtegfoung san, hot`s olba wido uan gihöttlt - augipasst howo wö a nicht.
  • huagaschtn, gihuagaschtit: sich gemütlich unterhalten. Wuasche nö Rosl ban Meisobanklan, sebm howo recht gimiëtlich gihuagaschtit. huppm, gihuppit: halten, im Arm wiegen. Gib mo amo dos Biëbl, na mog is amo awi huppm.
  • hûztraibm, hûzgitrîbm: einfaches, dem Hockey ähnliches Spiel, bei dem die Gegner versuchen, eine verbeulte Dose oder einen anderen Gegenstand mit einem "Schläger" (einfacher Holzstock) in ein Loch zu befördern. Wuasche nö Waschtl, wi wo fria ols Kindo in do Schüile ba do Pausn olbm hûzgitrîbm hobm.
  • keischtn, gikeischtit: Essen geben, verköstigen. Hosch du ban Hausbaung di Orbata selbo gikeischtit?
  • kitzböckn, kitzgiböckt: Spielen mit Holzpflöcken, wobei die Spieler (meist Kinder) versuchen, mit einem einfachen Wurfgegenstand (meist kleine Holzpflöcke) aus einer bestimmten Entfernung einen aufgestellten Holzpflock zu treffen. Nâ, isch ba den Kitzböckn fria sischt ati nett giwesn.
  • klächl, giklächlt: die Türklinke bewegen. Nachtn gonz schpoute hot ba mio dahuame nö uado in Tüere girissn und giklächlt, richtig gfischtit hon i mo.
  • kloffn, giklofft: Zoten reißen. In dei Goschthaiso wescht ati sövl giklofft, dei Kellainnen tin mo ati gonz doborbm.
  • kluppm, gikluppit: Abklemmen des Samenleiters beim Widder mit der "Kluppe" Dos Widdokluppm hon i sischt olbm hoscht gitô, obo wos tâschte! Uado hot`s la gimisst tüi.
  • kriäsn, gikriäst: durcheinanderbringen, nicht aufpassen, verschwenden. Dia kriäst holt und kriäst holt, gallign wescht a wö nö aurinn!
  • lâpm, gilâpit: Abpflücken von verschiedenen Laubbäumen (vor allem der Esche) zur Viehfütterung. Isch sischt schoude, hait lâpit kua Meintsch me dei Eischn.
  • löüsn, gilöüst: ins Ohr flüstern. Sougg`s neit laute, löüs mos! Schlaidi!
  • maiton, gimaitoscht: schimpfen. Bol do Büi di Mahmaschine gikeiglgg hot, hot do Vouto wö wilde gimaitoscht.
  • mötton, gimöttoscht: schimpfen, sich beklagen. Wos möttoschde denn olbm, dio gang`s sischt neit leiz!
  • neigl, gineiglgg: frieren (vor allem an den Fingern). Hait hon i af di Häinte zi kolt, mi tüt`s richtig neigl. Laich mo di Handscha!
  • ompaschtn, g`ompaschtit: auf eine Frage antworten. Wenn i di öppas froug, müschte schu ompaschtn!
  • ôschtifl, ôgschtiflt: anstiften, inizieren. Iz mis wo gallign decht wid`ramo awi a Gfaire ôschtifl.
  • oudazn, g`oudazt: atmen. Dou dahinne doòudazt man jo feillig nimma. Lot mi la amo aussn!
  • ouschpän, ougschpät: entwöhnen. Dos Kalbl wewo la misn glai amo ouschpän.
  • pfîsn, gipfîst: 1. fauchen, zischen. Bol man ba di Pipprig-Gäinse vîget, na pfîsn se gourawi. 2. Scherzhafter Ausdruck für das erste Flirten der Mädchen. Hait heibm dei Gîtschn schu in do Mittlschüile o zu pfîsn, olba fria get dos nu löüs.
  • pill, gipillt: brüllen. Sövl hot dia Meintsch an Zöüong gihobb, dass a lamme gipillt hot. Kuado hot in me doheibb.
  • pitaggl, pitagglgg: übers Ohr hauen, betrügen. Dia Kroma wescht di sischt amo ôschteindig bitagglgg hobm, a sia Meisso sövl toire!
  • platton, giplattoscht: auf den Hintern schlagen, den Hintern versohlen. Wenn de iz neit bolle schtille bisch, na tü i di gallign richtig platton!
  • plochazn, giplochazt: explosionsartig brennen. Af amò hot`s giplochazt und olls isch gibrunn!
  • prezzign, giprezzigit: reden, viel reden, tratschen. Dia hot decht olbm zi prezzign, den moggsche ibohaup nicht ôvotraun.
  • pûgazn, gipûgazt: in ein Horn ("Pûgazhöüong") blasen. Bol do Kuttnguassa in di Nachnt va do Schuade kimmb, na pûgazt a und donna keimm se olla di Guasse zi höül.
  • pûznschtechn, pûzngschtöchn: mit dem Finger in der Nase bohren, Popel aus der Nase holen. Tü neit olbm asö pûznschtechn, se isch jo wilde f`ran sian grüessn Büibm.
  • rampsn, girampst: Erde oder Mist mit einem Seilzug nach oben befördern. Hait meigg wo la awi Mischt rampsn, sischt wissat i neit wos tüi hait.
  • ridl, giridlt: sich den Fußknöchel verstauchen. Hosche gihiascht, do Albin hot se ba Schifoung awi giridlt.
  • röüchn, giröücht: knurren, tiefe, unheimliche Geräusche von sich geben. Bol do Toifl vöü di Haiso asö giröücht hot, hobm se di Lait la asö gfischtit.
  • schnuatn, gschnuatit: 1. Hufe zurechtstutzen. Vöü wo donna gan Olbm foung, wewo la misn nö awi die Kië schnuatn. 2. Äste von einem Baumstamm abschlagen. Tiwo dei Eische dou schnuatn!
  • sindn, gsindit: nachdenken, grübeln. Dos hot in feillig awi zi sindn gemocht, dass in dei neit giweillt hot.
  • tiächtl, gitiächlt: 1. mit Murmeln ("Tiächtla") spielen. Kindo, get amo awi aussn zi tiächtl, wio hobm dou öppas zi reidn. 2. umständlich mit etwas umgehen, ohne großen Erfolg arbeiten. Wos tiächtlsche denn sövl longe umanondo ba dia Orbat, dos get do decht neit!
  • töttowegn, töttogiwegn: auf einer Hexenbank reiten. Meig wo awi zi töttowegn gië, Müito?
  • tschechon, gitschechoscht: viel mitmachen, schwer arbeiten. Nâ, wos dia af den Böck dou öbm gitschechoscht hot, dos doschteillschi do neit vöü!
  • tull, gitullt: beleidigt sein, den Beleidigten spielen, nicht mehr reden. Iz hiaschte nu au zi tull, dos tüt man neit!
  • tusign, gitusigit: schlagen, verhauen. Du wescht uafoch neit augebm, vöü i di neit amo richtig gitusigit hon!
  • vokripfn, vokripft: sich verschlucken. Iss neit asö schlainig, na vokripfschi di neit!
  • vomeingl, vomeinglgg: jemanden vermissen. Taifl, hon i di sischt asö vomeinglgg, bol de neit dougiwesn bisch!
  • waitalaichtn, waitagilaichtn: wegjagen, zeigen, wo es lang geht. Den wewo schu waitalaichtn, wenn a eippa gou zi frech wescht.
  • wiëgazn, giwiëgazt: mit dem Stuhl schaukeln. Hiar amo au mit den Wiëgazn, du mochsch ans jo nö gonz narrisch!
  • wirgn, giwirgg: 1. am Hals würgen. Na isch a mi ôgong und hot mi sövl ban Holse giwirgg, i hon gimuat, i bikimm kua Luft me. 2. geduldig sein, unter schwierigen Bedingungen leben und arbeiten. Söü, dei hobm fria sischt a gimisst wirgn, ba dia Hittn und ba dei gonzn Kindo.
  • zâschtn, gizâschtit: Phase, in der kleine Kinder Angst vor fremden Menschen haben. Z´wöll, los amo dos Kind in Gihait, dos tüt holt awi zâschtn!
  • zigl, giziglgg: 1. Tiere aufziehen. Dos isch gonz a schiës Kalbl, i tat`s neit hêgebm, dos wewo misn zigl. 2. sich erholen, besser aussehen. Taifl, schaugsche güit aus, du hoschti gourawi giziglgg ofto dia Öpratiô.
  • zommgebm, zommgebm: 1. raufen, streiten. Taifl, hobm se girâft und zommgebm, i soug do, es hot la gikrocht! 2. trauen, in den Ehestand versetzen. Dei muan i hot wö do olte Ahnga Pforra, do Pipperga, zommgebm.
  • zwougn, gizwougg: 1. waschen, abwaschen. Iz geschte amo aussn zin Tröüge und tüschti amo richtig zwougn, du Fokke! 2. jemanden gewaltsam mit Schnee einreiben. Schtille sai, sischt zwougi di in Schniëbe dausse!